Women 4 Baroque II
Genießen Sie 78 Minuten die Werke von Isabella Leonarda, Mrs. Philarmonica, Élisabeth-Claude Jacquet de La Guerre und Anna Bon di Venezia
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Isabella Leonarda (1620 - 1704) | |||
1. | Sonata XII aus Op. 16 für Flauto dolce und B.c. | 8:17 | |
Mrs. PhilarmonicaSonata VI in G-Dur aus den Divertimenti da Camera | |||
2. | Largo e staccato | 2:01 | |
3. | Con spirito ma non presto | 1:47 | |
4. | Lento | 1:05 | |
5. | Vivace | 1:31 | |
Sonata IV in e-Moll aus den Divertimenti da Camera | |||
6. | Largo | 0:58 | |
7. | Andante | 1:19 | |
8. | Con Spirito | 1:11 | |
9. | Vivace | 0:53 | |
Sonata II in F-Dur aus den Divertimenti da Camera | |||
10. | Largo | 1:08 | |
11. | Andante | 1:06 | |
12. | Largo | 1:40 | |
13. | Presto | 1:23 | |
Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre (1665 - 1729)Sonata in d-Moll für Violine und B.c. | |||
14. | (Adagio) | 2:32 | |
15. | Presto | 2:01 | |
16. | Adagio - Presto - Adagio | 2:35 | |
17. | Presto | 2:10 | |
18. | Aria | 4:07 | |
19. | Presto | 2:10 | |
Mrs. PhilarmonicaSonata I in d-Moll aus den Divertimenti da camera | |||
20. | Adagio | 1:03 | |
21. | Vivace | 1:16 | |
22. | Largo | 1:36 | |
23. | Allegro | 1:15 | |
Sonata III in Es-Dur aus den Divertimenti da Camera | |||
24. | Largo e presto | 1:03 | |
25. | Tempo guisto | 1:07 | |
26. | Vivace | 1:07 | |
Sonata V in c-Moll aus den Divertimenti da Camera | |||
27. | Andante e con spirito | 3:44 | |
28. | Largo | 1:24 | |
29. | Allegro | 2:21 | |
Anna Bon di Venezia (1738 - nach 1767)Sonata III aus Op. 1 für Cembalo | |||
30. | Allegretto | 2:43 | |
31. | Adagio | 3:56 | |
32. | Minuetto - Trio - Minuetto | 3:15 | |
Sonata II in F-Dur aus Op.2 für Flauto dolce und B.c. | |||
33. | Largo | 2:25 | |
34. | Allegro | 2:06 | |
35. | Allegro | 2:01 | |
Isabella Leonarda (1620 - 1704) | |||
36. | Sonata VII aus Op. 16 | 5:40 | |
Spielzeit | 78:13 |
Isabella Leonarda
Isabella Leonarda wurde 1620 in Novara geboren. Im Alter von 16 Jahren trat sie in einen Konvent des Ursulinen-Ordens ein, in dem sie die Ämter der magistra musica, cancellaria und mater discreta versah und wo sie bis zu ihrem Tod im hohen Alter von 84 Jahren lebte. Einige Jahre hatte sie auch das Amt der Oberin des Klosters inne, wie das Titelblatt zu ihrem op. 12 verrät. Hier war das Komponieren Lebensaufgabe und Erfüllung neben den anderen Ordensaufgaben, und wie sie betont, hat sie nur in ihrer „Freizeit“ komponiert. Im Gegensatz zu vielen anderen namentlich bekannten Komponistinnen des 17. Jahrhunderts, die eine einzige Sammlung veröffentlichten, bevor eine Heirat ihrer Kompositionstätigkeit ein Ende setzte, war Isabella Leonarda eine der produktivsten Komponistinnen ihrer Zeit: in 16 noch erhaltenen, gedruckten Sammlungen sind 193 Werke erhalten.
1693 veröffentlichte sie die Sonate a 1.2.3. e 4. Istromenti, ihre einzige Sammlung mit Instrumentalwerken. Sie sind dem Erzbischof von Mailand, Federico Caccia, und, wie alle ihre vokalen Werke auch, der Jungfrau Maria gewidmet. Leonarda schuf den größten Teil ihres kompositorischen Lebens Vokalmusik; es wundert daher nicht, dass in ihren Instrumen-talwerken überwiegend Kompositionstechniken aus der Vokalmusik Ver-wendung finden. Diese Sonaten sind in der ersten Entwicklungsphase der Sonate angesiedelt: Ihre Form mit vielen kürzeren Abschnitten erinnert an die motettische Technik: bei manch einem Thema hört man quasi einen gedachten Text mit. Daneben finden sich auch Tänze, wie z. B. die Canarie-ähnlichen Abschnitte im raschen 6/8-Takt am Schluss beider hier eingespielten Sonaten.
In der Sonata VII finden wir einige typische Merkmale für italienische Instrumentalmusik in der ersten Hälfte des Jahrhunderts:
- Violone und Generalbassstimme sind getrennt notiert, da sie an manchen Stellen eigenständig werden.
- Jedes Melodieinstrument – auch der Violone – hat einen eigenen solistischen Abschnitt.
- Vokale Idiome vermischen sich mit Elementen der Tanzmusik; letztere wurde z .B. über Baßmodelle improvisiert. So finden wir ein Schlußmodell, bei dem der Generalbaß alleine übrigbleibt und so etwas wie ein „Fade-out“ entsteht.
Wir finden außer „Solo e largo“ keine weitere Tempo- oder Charakterangabe. Dagegen finden wir in der Sonata XII für ein Melodieinstrument und Basso continuo Tempo- bzw. Charakterangaben zu jedem der sieben Abschnitte. Auch in anderer Hinsicht unterscheidet diese Sonate sich auffällig von der Sonata VII: der Anfang ist im monodischen Stil, der an zentraler Stelle des Stückes noch einmal wiederkehrt.
Trotz der Widmungsträger und trotz des klösterlichen Umfelds, in dem die Komponistin wirkte, ist es eher fraglich, ob Isabella Leonardas Sonaten op. 16 je als Kirchensonaten verwendet wurden. Vorstellbar ist ein Gebrauch dieser Sonaten in der „Recreation“, der Erholungszeit der Nonnen, in der traditionell viel musiziert wurde. Konzerte im Ursulinen-Kloster von Novara sind um diese Zeit nicht belegt.
Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre
Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre (1665-1729) kam 1665 als zweites Kind von Claude Jacquet und Anne de la Touche in Paris zur Welt. Die Familie Jacquet war eine Musikerfamilie. Der Vater war Cembalist und Organist. Er war auch ihr erster Lehrer. 1673 stellte er seine Tochter Elisabeth am Hof Ludwigs XIV. vor, wonach der König die 8-jährige am Hof behielt und ihr unter der Obhut seiner Maitresse, Madame de Montespan eine aristokratische Ausbildung mit all den damit verbundenen Privilegien zukommen ließ. Später schrieb Everard Titon de Tillet (1677-1762) über diese Zeit: „Dem König bereitete es große Freude, ihr beim Cembalospielen zuzuhören; was Madame de Montespan veranlaßte, sie drei oder vier Jahre bei sich zu behalten, um sich und die Personen, die sie besuchten, aufs angenehmste zu unterhalten, eine Aufgabe, der die junge Demoiselle mit großem Erfolg nachkam.“
Aus dem Juli 1677 ist eine Beschreibung von Elisabeth Jacquets Talenten aus dem Mercure Galant erhalten: „Seit vier Jahren tritt dieses Wundergeschöpf hier auf. Sie singt die schwierigsten Musikstücke vom Blatt. Sie begleitet sich auf dem Cembalo – sie spielt in nicht nachzuahmender Manier – und begleitet auch andere, die singen. Sie komponiert Stücke und spielt sie in allen Tonarten, die man ihr vorschlägt. Ich erzählte ihnen, Madame, dass sie vor vier Jahren mit solch außergewöhnlichen Fähigkeiten auftrat, und dabei ist sie erst zehn Jahre alt. Alle Damen, die Cembalo spielen – und es gibt deren viele – haben alles unternommen, was ihnen ihre Talente erlaubten, um ihr Erstaunen zu erregen. Aber vergebens, sie mussten sich entweder zu ihren Bewunderern gesellen oder die Fähigkeiten, die sie nicht mit ihr teilten, der Magie zuschreiben.“ Ein Jahr später verlieh ihr das gleiche Blatt den Titel „Wunder des Jahrhunderts.“ („la merveille de nostre Siècle“)
Im September 1684 verließ die noch nicht 20-jährige den Hof und heiratete den Organisten und Cembalolehrer Marin de La Guerre (1658-1704). Auch er stammte aus einer angesehenen Musikerfamilie. In Paris gehörte sie zweifelsohne zu den anerkanntesten Komponistinnen der Zeit. 1694 wurde ihre erste Opernkomposition an der Opera in Paris aufgeführt. Damit ist sie die erste Komponistin, deren Oper dort gespielt wurde.
1702 verstarben Elisabeths Vater und ihr Sohn,
1704 verlor sie auch ihren Mann.
1707 veröffentlichte sie einen Band mit Pieces de Clavecin qui peuvent se jouer sur le violon sowie einen Band mit sechs Sonates pour Violon et basse continue. Beide Bände waren dem König gewidmet, und wie der Mercure Galant im August 1707 berichtet, übergab die Komponistin ihre Werke dem König persönlich auf Schloß Marly und ließ diese Werke etwas später von den Herren Marchand aufführen. „Nach dem Essen sprach seine Majestät in einer sehr charmanten Art zu Mademoiselle de la Guerre, und nachdem er ihre Sonaten sehr gelobt hatte, sagte er zu ihr, sie seien einzigartig. Man könnte Mademoiselle de la Guerre kein größeres Lob aussprechen, denn diese Worte beweisen, daß der König nicht nur ihre Musik sehr schön, sondern auch originell fand, und diesen Vorzug findet man heute sehr selten.“
Die erste der 6 Violinsonaten von 1707, die hier eingespielt ist, stellt in ihrer ausladenden Form eine Besonderheit dar. Mit einer Folge von 6 Sätzen ist sie einerseits ausnehmend lang und andererseits auch stilistisch sehr vielseitig. Obwohl sie ihr ganzes Leben in Paris verbracht hat – im französischen Stil also beheimatet war – finden sich andere Einflüsse: Fast ausschließlich verwendet sie zum Beispiel italienischen Satzangaben wie Presto, Adagio und Aria. Auch mutet der Schlußsatz in seinem Schwung und Gestus sehr italienisch an. Gleichzeitig ist die Aria – zweifelsohne eines der Meisterstücke ihrer Kammermusik – durch und durch französisch.
Nach ihrem Tod 1729 gingen ihre ungedruckten Werke in die Hände ihrer Neffen über. Leider sind diese Manuskripte heute verschollen. Neben Michel-Richard Delalande und Marin Marais wurde sie in die vierte Ebene des Parnasse François aufgenommen, und sie war im 18. Jahrhundert in allen einschlägigen Nachschlagewerken vertreten und Musikkennern als eine der besten Komponistinnen wohlbekannt. Es ist nicht zu verstehen, dass die Musik dieser außergewöhnlichen Komponistin im 19. Jahrhundert in Vergessenheit geriet.
Anna Bon di Venezia
Anna Bon di Venezia wurde 1738 als Tochter der Opernsängerin Rosa Ruvinetti-Bon und des Malers, Textbuchautors und Theaterprinzipals Girolamo Bon in Bologna – der Heimatstadt ihrer Mutter – geboren. Ihr Sterbedatum ist leider bis heute unbekannt. Der Namenszusatz „di Venezia“, der sich auf den Titelseiten ihrer Werke findet, ist wohl dem Ort ihrer musikalischen Ausbildung und der Herkunft ihres Vaters zuzuschreiben. Denn im Alter von vier Jahren erhielt sie Musikunterricht am berühmten Ospedale della Pietà bei der maestra di viola Candida, einer Schülerin Vivaldis, während ihre Eltern – Betreiber einer Wanderoper – Gastspiele an vielen Höfen Europas gaben.
Ihre erste Anstellung gegen 1755 am Hofe des Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth als Hofmusikerin und Kammer-virtuosin fällt zusammen mit Aufführungen des Ensembles ihrer Eltern dort. Das Musikleben in Bayreuth hatte große Bedeutung, da die Markgräfin Wilhelmine – die „Lieblingsschwester Friedrich des Großens“ – selbst mehrere Instrumente spielte. 1756 veröffentlicht Anna Bon ihr opus 1, sechs Flötensonaten, von denen eine hier aufgenommen ist. Sie widmet das Werk dem Markgrafen Friedrich mit folgenden Worten:
„Altezza Serenissima, die Ehre, die ich genieße, in die Reihe der Kammermusiker aufgenommen zu sein[,] und die Gnade[,] mit welcher es ihrer Durchlaucht gefallen hat, einigen meiner Kompositionen für die Flöte Aufmerksamkeit zu schenken, sind die Gründe, weshalb ich Mut zu diesen angeschlossenen sechs Divertimenti [ihre Bezeichnung der Flötensonaten] habe, welche ich bitte, wohlwollend anzunehmen, so daß ich ermutigt wäre, mich eifrig in dieser schönen und gefälligen Kunst zu vervollkommnen. (…) Sind Ihre Durchlaucht doch der erste Fürst, welchem ich als Stipendiatin („di servire pensioniera“) zu dienen das Glück habe, weshalb es meine Pflicht ist, Ihnen meine ersten Werke vor allen anderen in der Welt zu widmen. (…) Wenn sie (…) einige Passagen bemerken sollten, die für die Flöte unbequem sind, dann möge Ihre Durchlaucht verzeihen, weil mein Instrument das Cembalo ist (…). Voll Zurückhaltung und tiefstem Respekt erlaube ich mir, Ihnen die Hand zu küssen, im Glanz dessen mich nennen zu dürfen Ihrer Durchlaucht Hoheit bescheidenste, unterthänigste, verpflichtetste Dienerin Anna Bon.“
1757 folgte opus 2, sechs Cembalosonaten, von denen ebenfalls eine hier eingespielt ist, und zwei Jahre später sechs Divertimenti für zwei Flöten und Basso Continuo. Alle Werken wurden im Nürnberger Verlag Balthasar Schmidt publiziert.
Stilistisch kann man mit Sicherheit sagen, dass sie im galanten Stil angesiedelt sind. Die Nähe des Hofes zu Friedrich dem Großen und damit zum Umfeld von Quantz hat möglicherweise Einfluss ausgeübt. Die Stilsicherheit der jungen Komponistin erstaunt durch ausgeprägte Cantabilität, klare Satzstruktur und originelle Einfälle.
Die Cembalosonaten sind im reinen zweistimmigen Satz gehalten mit verspielten Triolen und Pendelharmonik. Formal monothematisch angelegt nehmen sie in mancher Hinsicht die frühen Klaviersonaten Joseph Haydns vorweg. So sind sie wichtige Meilensteine auf dem Weg der Entwicklung der klassischen Sonate aus der Suite.
In der vorliegende Cembalosonate wird ein Hauptgedanke weitergeführt. Modulation findet zwar statt, doch melodisch wird im barocken Sinne weitergesponnen. Im B-Teil tauchen mit neuen harmonischen Gängen neue Gedanken auf. Man ist hier an den aus der Rhetoriklehre bekannten Teil der Confutatio („Widerlegung“) erinnert: Gegenargumente werden angeführt und widerlegt. Ein Element, welches etwas später wohl für den Durchführungsteil der sogenannten Sonatenhauptsatzform Pate gestanden hat. Fast möchte man sagen: „Das eine – nämlich der Suitensatz – nicht mehr und das andere – die Sonatenhauptsatzform – noch nicht!“ – doch das wird dieser Musik, die leider noch so unbekannt ist, nicht gerecht, sie hat Eigenständigkeit.
Mit dem Tod Wilhelmines 1758 verliert das Musikleben in Bayreuth eine wichtige Förderin. Ab dann sind Gastspielreisen der Familie Bon nach Wien, Pressburg und Eisenstadt mit Anna Bons Auftritten als Sängerin auf der Opernbühne bezeugt. In der Spielzeit 1761/1762 sang sie an der Seite ihrer Mutter am kaiserlichen Burgtheater in Wien.
Ihre Oper Ataserse wird 1760 in Pressburg aufgeführt, im selben Jahr ist sie auch in Nürnberg nachzuweisen, 1762 bis 1765 dann ist sie gemeinsam mit ihren Eltern am Hof des Fürsten Esterhazy in Eisenstadt angestellt. Joseph Haydn schrieb 1764 eigenhändig den Namen Anna Bons und ihrer Mutter in die Musik zu einer Huldigungskantate für den Fürsten Esterhazy. Nach 1765 ist nichts mehr über Anna Bon di Venezia bekannt.
Hat sie geheiratet und so ihren Namen geändert oder ist sie verstorben? – Wie bei manch einer anderen Komponistin wissen wir auch bei ihr nicht, warum sie verstummt ist. Ihre Kompositionen jedoch – wie auch jene Isabella Leonardas, Élisabeth Jacquet de La Guerres und die der mysteriösen Mrs. Philarmonica – sind uns geblieben: Sie sind kostbare und lebendige Zeugen der Kreativität von Frauen.
Mrs. Philarmonica
Unter dem Pseudonym „Mrs. Philarmonica“ wurde um 1715 in London bei Richard Meares eine Sammlung von 12 Triosonaten für zwei Violinen und Basso continuo veröffentlicht. Die Sammlung ist unterteilt in einen ersten Teil mit „Sonatae a due violini col violoncello obligato e violone o cimbalo“, die vermutlich als Kirchensonaten gedacht waren, während die „Divertimenti da camera a due violini, violoncello o cimbalo“ für die weltliche Kammermusik verwendet wurden.
Während im London des 17. Jahrhunderts der Hof von Versailles Vorbild war und auch in der Musik der französische Stil gepflegt wurde, finden wir in den Divertimenti von Mrs. Philarmonica den sogenannten gemischten Stil. Zum einen ist die hochbarocke Harmonik, wie sie sich aus der Dissonanztechnik des Kontrapunkts entwickelt hat (quasi exemplarisch bei Corelli vorgeführt) selbstverständlicher Bestandteil ihres Tonsatzes. Gleichzeitig wird mit der formalen Vorlage spielerisch umgegangen: der Titel „Divertimenti da camera“ ließe zunächst eine Reihe von Tanzsätzen vermuten. Doch vielmehr finden wir in 5 von 6 Sonaten eine langsame Einleitung, wie sie in Kirchensonaten üblich ist. Die Erwartung eines folgenden fugierten Allegros bleibt allerdings weitgehend unerfüllt. – Eine Erwartung, die sich aus der stilistischen Nähe zu Georg Friedrich Händel ergibt, der zu diesem Zeitpunkt seine ersten großen Erfolge in London feierte. Imitation verwendet sie fast ausschließlich in langsamen Sätzen. Wenn auch nicht als Tänze bezeichnet, sind dennoch viele Sätze eindeutig Tänzen zuzuordnen: Sarabande, Gigue, Menuett, etc.
Divertimento I und II folgen einem fast identischen Schema: einem langsamen 4/4 Takt folgt ein schnellerer, nach einem Largo im 3/4 Takt schließt dann ein rascher bzw. sehr rascher 6/8 Takt ab. Die formale Vielfalt, die in Divertimento III bis VI zu entdecken ist, zeigt Mrs. Philarmonica in Einfallsreichtum und spielerischem Umgang als Meisterin ihres Faches.
Bisher sind keine weiteren Kompositionen dieser musikalisch sehr interessanten „Mrs. Philarmonica“ ans Licht gekommen. Das Rätsel, wer sich hinter diesem Pseudonym verbergen könnte, ist noch immer ungelöst. Ein Mann wird es wohl kaum gewesen sein, denn er hätte sich Anfang des 18. Jahrhunderts nur Schwierigkeiten eingehandelt, wenn er als Frau publiziert hätte. Am ehesten ist an eine gebildete Frau im Umfeld des Verlegers Meares zu denken, der laut dem Titelblatt auch als Lehrer für Viola da gamba an der Schule von St. Paul gewirkt hat.